Warum wehrt sich denn keiner?

Die Frage müßte ja eher lauten: Warum wehrt sich denn keine? Die Frage ist mehr als berechtigt. Mehr als zwanzig Frauenmorde im heurigen Jahr und es werden immer mehr, wahrscheinlich sind es inzwischen schon mehr geworden, vielleicht gegen dreißig, denn täglich, stündlich werden es mehr.

Frauen werden ermordet. Von ihren Männern, ihren Freunden, von ihren Bekannten, von zufällig Begegnenten, von Leuten auf der Straße, in den Parks, in Wohnungen. Frauen sind nicht selber schuld. Das kann man nicht sagen, könnte man zwar sagen, wenn die Ermordeten einfach mitgegangen sind in solche Wohnungen in solche Gegenden, wo man einfach nicht hingeht als Frau, die nicht ermordet werden möchte.

Schuld hat natürlich keiner. Nicht die Eltern, nicht die Freunde, nicht die Freundinnen.

Wer die Täter sind, das wissen wir. Wir wissen das, sagen es aber nicht, obwohl wir das wissen und sagen könnten. Die Frauen aber wissen es nicht, wollen es auch nicht wirklich hören.

Frauen sind heute emanzipiert, auch die jungen, auch die wenig Gebildeten und sie müßten natürlich wissen, was man tut und was nicht, wenn man nicht will, daß man stirbt oder vergewaltigt wird. Aber wie es scheint, hat ihnen keiner gesagt, wo die Gefahren lauern und wo man nicht hingeht, wenn einem solches nicht passieren soll. Denn in den Zeitungen steht das nicht und im Fernsehen sagt es auch keiner.

Aber Frauenhäuser gibt es ja schon. Fluchtburgen für Frauen, die beschützt werden müssen vor den Männern. Und dafür – für die Frauenhäuser nämlich – gibt es auch viel Geld, immer mehr, wenn es wieder einmal eine erwischt hat.

Also gut, beschützen wir halt weiter, verstecken wir die Frauen vor ihren Mördern. Und was den Mördern passiert, das wissen wir ohnehin. Nämlich nix. Nur in den Zeitungen steht das nicht mehr.