Ein heute weitgehend unbekannter Brauch rund um ein altes Handwerk (das es so auch nicht mehr gibt) wird in einer Schule – der „Graphischen“ traditionell gefeiert. Roland Girtler berichtet in der Sonntags-Krone in seiner unnachahmlichen Weise darüber.
Wer es nicht wissen sollte, die „Graphische“ ist in der Leyserstraße zu finden und einmal im Jahr, also am Ende des Schuljahres, wenn die Schüler ihre Prüfungen erfolgreich beendet haben, wird so eine Feier – die Gautschfeier – veranstaltet. Da werden die Schüler „freigesprochen“, also gegautscht, eine recht wasserintensive Feier, nach der die jungen Menschen ihren Gautschbrief erhalten, der sie als „Schwarzkünstler“ also als Beherrscher des Schriftsetzer- und des Druckergewerbes ausweist. Man darf sich als solcher mit dem ehrwürdigen Gruß: „Gott grüß die Kunst“ begrüßen und zu erkennen geben.
Ich selber war ja auch ein Schriftsetzer, habe den Beruf vier Jahre gelernt und bin damit fast gleichzeitig mit dem Jus-Studium fertiggeworden. Juristischer Doktor und Schriftsetzer dazu und ich weiß bis heute nicht, auf welchen Titel ich mehr stolz sein müßte. Leicht war beides nicht.
Übrigens habe ich dann noch lange an der „Graphischen“ unterrichtet (Verlags- und Zeitungskunde) und viele meiner Schüler werden sich noch an mich erinnern.
Wer es nicht mehr weiß: Einer unserer Bundespräsidenten, Franz Jonas nämlich, war auch Schriftsetzer. Ein einfacher, aber unbedingt ehrlicher und auch gescheiter Mann, in unserer verlogenen Politikerszene gibt es solche Leute nicht mehr. Ich denke auch heute noch oft an ihn und verehre seine Geradlinigkeit und seine politische Klugheit. Er war eben ein Schriftsetzer.
In diesem Sinne: „Gott grüß die Kunst!“ Allen, die das noch verstehen, gewidmet.