Der verzierte Mensch
Tätowierungen sind in Mode. Man kann sich verzieren lassen, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Nur das Geld und der gute Geschmack wären Grenzen, aber nicht wirklich.
Das geht erst seit einigen Jahren so. Früher haben sich nur Gefängnisinsassen und Seeleute tätowieren lassen. Die Ergebnisse waren eher bescheiden, künstlerisch war da nur wenig Bemerkenswertes drunter.
Wer Girtlers „Der Adler und die drei Punkte“ gelesen hat, weiß um die Gefängniskultur und die Bedeutung dieser drei Punkte, die den so Tätowierten als einen, der zur Gruppe der Menschen außerhalb des Gesetzes gehört, ausgewiesen hat.
Nun, im Häfen und auf hoher See hat man manchmal Zeit, oft zuviel Zeit und diese Tätowierungen waren im wesentlichen gratis, meist durch bargeldlose Gefälligkeiten abgegolten.
Heute ist das nicht mehr billig und daher auch manchmal recht künstlerisch, zeigt auch, daß derjenige oder diejenige doch einiges Geld und auch Zeit in diese Verzierungen investiert. Wer also heute mit einer Tätowierung herumrennt, ist weder ein Häfenbruder und ein Seemann schon gar nicht. Aber – konnte man früher die gesellschaftliche Position des Tätowierten erkennen (Häfen oder Ahoi) ist das heute nicht mehr möglich. Der Geisteszustand aber ist doch recht deutlich und schlüssig, auch die Einsicht in die Tatsache, daß sich die menschliche Haut verändert, erschlafft, verrunzelt, fehlt in der Regel. Nur die wenigsten bedenken das bei der Gestaltung der Körperkunstwerke und vor allem auf die Leserlichkeit schriftlicher Bekundungen sollte Bedacht genommen werden. Tätowierungen auf einer jugendlichen Weibesbrust sind dann vielleicht im späteren Alter nicht mehr wirklich herzeigbar, man könnte auch sagen: die Gesichter werden immer länger.
Ich bin also nicht tätowiert und auch wenn ich – was ja leicht möglich ist – einmal in den Häfen kommen sollte, werde ich mir das nicht machen lassen.
P.S.: Besonders junge Mädchen und Frauen lassen sich flächendeckend tätowieren. Unter dem Titel: „das verzierte Mensch“. Wer sich das allerdings im verwelkten Zustand noch anschauen wird, ist einigermaßen fraglich.
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